Machbarkeitsstudie einer urbanen Seilbahn, München
Leistung
Machbarkeitsstudie
Bauherr
Landeshauptstadt München
Zeitraum
2019-2022
Kategorie
Stadtentwicklungsplanung
Machbarkeitsstudie einer urbanen Seilbahn, München
Ein Bericht für München mit der Bevölkerungsprognose bis 2040 erwartet in einigen Stadtbezirken ein sehr starkes Wachstum. Vor allem im Münchner Norden, Westen und Nordosten wird daher eine deutlich verbesserte Infrastruktur beim öffentlichen Nahverkehr benötigt, denn das bereits heute hoch ausgelastete Straßennetz wird an die Mobilitätsbedürfnisse einer wachsenden Zahl von Bewohnern und Arbeitnehmern nicht angepasst werden können. Eine Seilbahn entlang des Frankfurter Rings zwischen Oberwiesenfeld und Studentenstadt soll das Angebot im Nahverkehr verbessern, neue Möglichkeiten mit dem Ziel der Änderung des Mobilitätsverhaltens bieten und damit die bestehenden Systeme entlasten. Eine Verlängerung nach Osten in Richtung Unterföhring und nach Westen in Richtung Moosach bzw. Fasanerie bietet eine Anbindung an die S-Bahn und kann den Nutzen der tangentialen Linien im Münchner Norden somit noch erhöhen.
Diese Machbarkeitsstudie hatte zum Ziel, einen Verlauf der Seilbahntrasse mit der größten verkehrlichen Wirkung, sowie einer hohen Wertschöpfung aufzuzeigen und ihre technische Machbarkeit nachzuweisen.
„Die Landeshauptstadt München ist eine der am schnellsten wachsenden Kommunen in Deutschland. Der prosperierenden Wirtschaft und hohen Attraktivität der Landeshauptstadt folgt ein stetiger Zuzug – dabei hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass aufgrund des starken Wachstums auch der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs dringend erforderlich ist. Eine Seilbahn im urbanen Raum könnte hier ein zusätzliches Angebot bieten und die Auswahlmöglichkeiten weitgehend unabhängig von Flächenkonkurrenzen ergänzen.“
– Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, Dieter Reiter
Queren von Grünflächen und Relevanz für die Erholungsnutzung
Die Flächenkulisse der erholungsrelevanten Freiräume entlang der Seilbahntrasse ist von einem Schwerpunkt an der Isar und einer übergeordneten Erholungsachse entlang des Olympiaparks geprägt, die beide eine übergeordnete Bedeutung für die Naherholung sowie den Arten- und Klimaschutz haben. Zusätzlich sind der Englische Garten und der Olympiapark als Ensemble denkmalgeschützt und eine Beeinträchtigung auszuschließen.
Entlang der Kernstrecke am Frankfurter Ring besteht für größere Gebiete keine ausreichende Freiraumversorgung. Durch den Haltepunkt am Bayerischen Rundfunk, der den Erholungsraum Isarauen und Englischer Garten direkt erschließt und die Verbesserung der ÖPNV-Vernetzung in Ost-West-Richtung auch in Richtung des Olympiaparks kann eine mittelbare Verbesserung der Situation erreicht werden.
Öffentliche Grünflächen werden durch die Seilbahntrassierung maßgeblich miteinander verbunden. Ein Queren findet nur in sehr untergeordnetem Maße statt, so dass eine Beeinträchtigung voraussichtlich ausgeschlossen werden kann.
Mehrwert
Da die Seilbahn nur punktuell am Boden eingreift, bietet sich die Möglichkeit den Stadtraum und insbesondere den Straßenraum Frankfurter Ring/ Moosacher Straße neu zu strukturieren bzw. Ankerpunkte zu schaffen und mit Bepflanzung und Gestaltung die Orientierung zu verbessern. Gestalterischer Vorschlag ist es, die Anfahrten bzw. Umgebungen der Seilbahnstationen jeweils mit der gleichen kleinwüchsigen Art zu unterpflanzen, die möglichst farbig und reich blüht, z.B. Prunus serrulata‚ Kanzaan‘.
Im westlichen Bereich überfährt die Seilbahn eher trockene Standorte, sodass in diesem Bereich auch die Unterpflanzung der Seilbahnstrecke mit entsprechenden heimischen Arten erfolgen sollte. Im Übergang zu den Auwäldern der Isar sollten Strauch- und Baumarten der Auwaldgesellschaften gewählt werden. In den urbanisierten Bereichen besteht die Empfehlung eine Unterpflanzung mit klimaresilienten, möglichst heimischen Arten zu wählen, die jeweils zwischen den Stationen noch einmal Akzente setzen. Darüber hinaus besteht für die Förderung der Biodiversität und zur Klimaanpassung der Hinweis auch die Stationsbauwerke zu begrünen und die Station am Bayerischen Rundfunk mithilfe des animal-aided-designs zu konzipieren. Dies schließt das Vorkommen von Tieren und deren Bedürfnisse von Anfang an in die Gestaltung mit ein.
Fazit
Die Seilbahntechnik ist als öffentliches Nahverkehrsverkehrssystem hinsichtlich der Transportkapazitäten eine ernst zu nehmende Konkurrenz zu den Systemen ´Expressbus´ und ´Straßenbahn´. Allerdings ist zu beachten, dass Zwischenstationen zu deutlichen Fahrtzeitverlusten führen. Die Investitionskosten für eine Seilbahn, aber auch die Investitionskosten für eine Straßenbahn, sind ca. 10-mal so hoch wie beim System ´Expressbus´.
Das System ´Seilbahn´ spielt seine Stärken beim Überwinden von Hindernissen aus, wie beispielsweise Flüsse, Berge, Täler oder Autobahnen. Die Seilbahn in München punktet daher bei der Querung der Isar oder beim ´querfeldein´-Fahren bis zur S-Bahn-Station Fasanerie. In engen, kurvenreichen Straßenräumen ist das System ´Seilbahn´ benachteiligt, da Stationen Platz benötigen und Umlenkbauwerke bzw. Umlenkstützen die Kosten erhöhen und Fahrzeiten vergrößern.
Im konkret betrachteten Fall eines ÖPNV-Systems am Frankfurter Ring in München ist aus gutachterlicher Sicht das System ´Seilbahn´ auf der Gesamtstrecke „S-Bahnhof Fasanerie“ über die Kernstrecke bis zum „S-Bahnhof Unterföhring“ nicht konkurrenzfähig, da hohe Investitionskosten erforderlich sind und kein entsprechender verkehrlicher Zusatznutzen entsteht. Die Systeme ´Expressbus´ und ´Straßenbahn´ führen anders als die Seilbahn zu erheblichen Einschränkungen beim MIV, deren Auswirkung noch nicht abschließend untersucht werden konnten. Der Systemvergleich zeigte, dass eine zusätzliche Tangentialverbindung mit konventionellen Nachverkehrssysteme in Bezug auf den Nutzen keine wesentlichen Vorteile gegenüber den bereits bestehenden Angeboten im Nahverkehr bieten.