Quartiersentwicklung südlich des Bahnhofs, Übersee

Leistung
1. Platz

Auftraggeber:in
Gemeinde Übersee

Zeitraum
2023

Kategorie
Städtebaulicher & landschaftsplanerischer Wettbewerb

Quartiersentwicklung südlich des Bahnhofs, Übersee

Bei dem städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb der Gemeinde Übersee belegte der Entwurf den ersten Platz. Anlass des Wettbewerbs war das Ziel einer zukunftsorientierten Ortsentwicklung mit bezahlbaren, attraktiven Wohnraum und qualitative hochwertigen Außenräumen und Freiflächen mit Aufenthaltsqualität. Im Mittelpunkt des Entwurfskonzepts lag auf einer langerstreckten Park- und Mobilitätsstadl, mit einer zukunftsfähigen Variation diese Fläche nach Bedarf in Wohnraum umzugestalten.

Lageplan 1:500

SITUATION

Im Schnittpunkt von Bahnhof und Ortszentrum, aber auch am Übergang zum landschaftlich geprägten Naturraum der Chiemgauer Berge ist die Lagegunst der Quartiersentwicklung begründet. Wurde das ‚Deutz-Areal‘ samt seiner benachbarten Grundstücksbrachen bisher als hermetische Randlage in Übersee empfunden, bietet sich durch die Entwicklung die Chance zur Neuorientierung im Stadtgefüge. Auf dem Areal wird keine Ortsrandsiedlung entworfen, sondern ein durchwegbares, vernetztes und zukunftsorientiertes Quartier, mit eigener, modellhafter Identität und neuen (frei-)räumlichen Qualitäten.

KONZEPT

Das neu entstehende Wohnquartier befindet sich südlich des Bahnhofs. Ein kleiner Quartiersplatz bildet den Eingang zum neuen Quartier und schafft einen Übergang zum Bahnhofsbereich. Der Platz lädt zum Verweilen ein und bietet Sitzplätze im Bereich der Außengastronomie.

Selbstbewusst im Siedlungsgefüge präsentieren sich die Baukörper entsprechend dem Duktus einer Hofstelle. Die Gruppierung gliedert sich typologisch in Wohnhaus, Reihenhaus und dem innovativen Park-Stadel um einen gemeinsam nutzbaren, begrünten Innenhof. Zwischen den einzelnen Höfen, die in naturnahe Streifräume und Wiesenfluren eingebettet sind, entstehen informell nutzbare Aneignungsflächen, Bewegungs- und Grünräume. Blickbeziehungen nach Süden in die nahe Bergkulisse werden bewusst inszeniert. Die Höfe formulieren übersichtliche Nachbarschaften, ermöglichen so ein soziales Miteinander und eine Identifikation mit dem Quartier und Ort.

TYPUS

Im nördlichen Bearbeitungsgebiet arrondieren gewerblich geprägte Erdgeschossnutzungen den Quartiersauftakt im Bahnhofsumfeld und definieren das Entrée zum Areal, das unabhängig realisiert werden kann. Zudem definieren die Höfe nicht nur eigenständig erschlossene, sukzessive realisierbare Bebauungsabschnitte und eine zu jedem Zeitpunkt funktionierende städtebauliche Struktur ohne fragmentarisch zu wirken. Mit der Idee, die Park-Stadel als große hölzerne, offene Baukörper auszubilden, entstehen kleine Höfe, die ein gemeinschaftliches Leben ermöglichen. Die Kombination von Wohnhaus, Reihenhaus und Park- Stadel ermöglichen einen vielseitigen Wohnungsmix mit übersichtlichen Nachbarschaften und schaffen innerhalb eines Baufelds Mischung, Identität und Individualität. Auch die begrünten Höfe sind Orte für die Gemeinschaft mit Gärten, Spiel- und Aufenthaltsbereichen. Balkone, Dachterrassen und Loggien richten alle Wohnbereiche auf den Freiraum hin aus. Die Durchlässigkeit und Nähe zum Freiraum sind von jeder Wohneinheit aus erlebbar und zugänglich. Im Hinblick auf eine wirtschaftliche Realisierung und dem Ziel zur Erstellung bezahlbaren Wohnraums kann die Bebauung in konsequentem Holzbau konzipiert werden. Als ressourcenschonende und klimapositive Bauweise wird die gesamte Bebauung als Holzskelettbau mit Massivholzdecken und vorgehängter, hinterlüfteter Fassade vorgeschlagen. Vor dem Hintergrund des oberflächennahen Niederschlagswassers bei Starkregen und zur Reduzierung von CO2-Emissionen wird dabei auf eine Unterkellerung verzichtet. Lagerflächen als Kellerersatzräume werden im direkt zugeordneten Park-Stadel untergebracht.

ERSCHLIESSUNG

Auf die umgebenden öffentlichen Erschließungen von Gassnerfeld, Deutz- und Wolferstraße kann zurückgegriffen werden, die gesamte MIV-Anbindung erfolgt über die bereits vorhandenen Straßen ohne weitere Versiegelung. Notwendige Stellplätze werden oberirdisch im zweigeschossigen Park-Stadel des jeweiligen Bauabschnitts untergebracht und der quartierseigenen Energiezentrale, Mobilitäts+Community-Hub und Sharing-Angeboten ergänzt. Im Gegensatz zu Tiefgaragenlösungen, können die Park-Stadel bei sinkendem Stellplatzbedarfen umgewidmet und einer neuen Nutzung zugeführt werden. Das neue Quartier bleibt dadurch im Inneren autofrei. Die interne Wegeverbindung kann zwar vom Rettungsund Lieferverkehr befahren werden, dient jedoch vorrangig dem Fuß- und Fahrradverkehr sowie dem Aufenthalt der Bewohnerschaft.

FREIRAUM

Zwischen den Höfen befinden sich größere Grünbereiche, die Spielflächen mit Spielgeräten und Erholungsflächen für alle bieten. Der Außenbereich der Kita ist nach Osten und Süden ausgerichtet und mit Spielgeräten ausgestattet. Hier wurde die Wolferstraße in einen Shared Space umgewidmet und leitet damit zu den südlichen Quartieren über. Auch hier wurde die Idee und Form der Höfe weiterentwickelt. Jedoch sind die Höfe anders gelagert und bieten zusätzlich Gemeinschaftsflächen und Raum für gemeinschaftliches Gärtnern. Reihenhäuser runden das Gelände nach Süden hin ab. Diesen Häusern sind nach Süden ausgerichtete Privatgärten vorgelagert. Eine klimaverträgliche Vegetation charakterisiert die unterschiedlichen Bereiche. Den Quartiersplatz verschatten zukünftig große Bäume, die zum Teil erhalten wurden und garantieren dadurch auch im Sommer eine angenehme Aufenthaltsqualität. Andere zentrale Bereiche sowie die Hauptverbindung zu den Ausgleichsflächen im Süden bestehen aus farbenprächtigen Klimabäumen, deren Laub sich im Herbst besonders intensiv verfärbt. Die kompakten Innenhöfe charakterisieren sich durch intensiv blühende Zierobstbäume. Durch die kleinen Bäume wirken die Höfe großzügig und weitläufig. Die alte Lärche im Bereich der Parkflächen wird erhalten und markiert mit den Neupflanzungen (Zürgelbaum) den zukünftigen Shared Space.

Zwischen den einzelnen Quartieren sind die Wege von Kiefer, Eiche und Vogelkirsche begleitet, sodass auch hier ein Wiedererkennungseffekt auftritt. Insgesamt wurde die Vegetation so gewählt, dass sie möglichst vielfältig ist und einen großen Beitrag zur Artenvielfalt leisten kann. Das im gesamten Quartier anfallende Regenwasser wird in den Retentionsräumen in den Innenhöfen gesammelt. Somit entstehen hier wechselfeuchte Standorte, die wiederum sowohl zur Förderung der Blau-Grünen Infrastruktur beitragen als auch die Biodiversität im Quartier erhöhen. Diese Standorte befördern günstiges Mikroklima, das auch im Sommer zum Verweilen einlädt. Großzügige Sitzbänke in den Innenhöfen und auf dem Quartiersplatz bieten sich dazu an.

„Der Entwurf baut mit großer Konsequenz und Ernsthaftigkeit auf der Zielsetzung auf, ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Quartier zu entwickeln, das die Flächenversiegelung minimiert und dadurch gut durchgrünte Freiräume schafft.“

– Beurteilung durch das Preisgericht

Perspektive